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Zuletzt vor 10 Monaten aktualisiert.

Sie haben bestimmt schon einmal von einer agilen Arbeitsweise gehört, oder? Doch was bedeutet eigentlich agil? Ist agil ein Allheilmittel? Das werde ich Ihnen im Folgenden kurz erläutern.

Was bedeutet agil?

Agil bedeutet zunächst einmal flink oder rege zu sein. Im wirtschaftlichen Kontext bedeutet das, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren bzw. reagieren zu können. „Unternehmen sollen eher Schnellboote als Dampfer sein.“ (Hofert, S. 7)

Agilität ist aber auch ein Zukunftskonzept und eine Führungsphilosophie, die eben auch organisatorische Prozesse sowie soziale und kommunikative Aspekte umfasst. Damit ist es eben viel mehr als nur eine Projekt- oder Prozessmanagementmethode. Agil wird nachgesagt, ohne Regeln auszukommen – das stimmt so nicht. Auch in der Agilität gibt es Regeln und Strukturen.

Agilität ist in der heutigen Zeit sehr wichtig um schnell auf die sich zum Teil unvorhersehbar verändernde, komplexe Umwelt reagieren zu können. In diesem Zusammenhang sind aber auch die Themen Achtsamkeit, Selbstführung und Abgrenzung immer wichtiger geworden.

Agilität kommt ursprünglich aus dem Projektmanagement bei der Softwareentwicklung. Hier musste ein Umdenken von der klassischen Planung einsetzen, da in dieser nur das Ziel, durch ein Pflichtenheft, fest definiert war, Termin und Kosten im Vorfeld aber nur geschätzt werden konnten. So kam es immer wieder vor, das Termine verschoben werden mussten und Kosten nahezu explodierten – Beispiele sind die Elbphilharmonie in Hamburg und der Flughafen BER.

Agile Planung legt die Kosten und die Termine fest, während die Ziele flexibel bzw. variabel festgelegt werden.

Das agile Manifest

2001 verabschiedeten Kent Beck und 16 Mitstreiter, darunter auch die Entwickler von SCRUM, das „Agile Manifest“. Es besagt:

Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:

Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.

Kent Beck https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html

Ganz wichtig ist der letzte Satz. Das bedeutet Planung, Vertragsverhandlungen oder auch Dokumentationen werden eben nicht als überflüssig angesehen, sondern als Gegengewichte in der Gesprächsführung angesehen. Und so wirklich zwei Pole sind sie auch nicht, die ersten drei Axiome stellen nur andere Aspekte von der Arbeitsorganisation bzw. dem Arbeitsleben dar. Lediglich das letzte Axiom könnte man als Gegensätze zwischen Flexibilität und Planung ansehen.

Agile Werte und Prinzipien

Aus diesem Manifest lassen sich verschiedene Werte ablesen. Diese Werte bilden das Fundament, auf dem Prinzipien gründen, welche dann wiederum Handlungen auslösen.

Werte sind veränderlich und können durch innere und äußere Umstände beeinflusst werden. Sie sind in unserem Unterbewusstsein verankert und werden durch unsere Motive und Bedürfnisse beeinflusst. Damit sind sie uns nicht angeboren, sondern wir erlernen sie. Zudem sind Werte interpretierbar, so dass zwei Menschen mit den vermeintlich gleichen Werten unterschiedliche Auffassungen dazu haben und diese auch leben können.

Svenja Hofert zählt in ihrem Buch zum Beispiel die folgenden acht agilen Werte auf:

1. Selbstverpflichtung (Commitment)
2. Rückmeldung (Feedback)
3. Fokus (Focus)
4. Kommunikation (Communication)
5. Mut (Courage) 6.Respekt (Respect)
7. Einfachheit (Simplicity)
8. Offenheit (Openness)

Svenja Hofert, Agiler Führen, S. 11

Ein Prinzip aus den Werten „Offenheit“ und „Kommunikation“ ist zum Beispiel das „Sagen statt Fragen“. Damit sind Meinungsäußerungen erwünscht und sollen als Handlung dann auch geäußert werden. Oder ein anderes Beispiel ist, das aus den Werten „Mut“ und „Rückmeldung“ das Prinzip „Experimentieren“ abgeleitet werden kann. Damit sollen Teams dazu animiert werden sich auszuprobieren.

Kennzeichen agiler Projekte

Agile Projekte sind in kurze Zeiteinheiten unterteilt, sogenannte Iterationen oder Durchläufe. Diese Iterationen sind zeitlich begrenzt und werden nie verlängert. Die zeitliche Länge wird zu Beginn eines Projektes festgelegt und umfasst in der Regel zwei bis vier Wochen. Jede Iteration ist dabei gleich aufgebaut: Sie besteht aus einem Kickoff, der Umsetzung und der Evaluierung der umgesetzten Arbeitseinheiten.

Agile Projekte sind sehr transparent. Jeder kann jederzeit sehen, wie der Stand ist. Das Backlog ist meist übersichtlich angebracht und zeigt in welchen Status sich welche Arbeitseinheit befindet. Damit ist auch die Auswertung sehr einfach. Meist wird hierzu ein Burndown-Chart verwendet.

Stand-Ups werden täglich und immer zur gleichen Zeit am gleichen Ort durchgeführt. Alle Teammitglieder sind dabei anwesend. Jedes Teammitglied erklärt woran es arbeitet, ob es Schwierigkeiten gibt und was an dem Tag anliegt. Auch und vor allem um den persönlichen Kontakt unter den Teammitgliedern zu fördern.

Agilität gibt Ihnen Werkzeuge an die Hand, damit Sie früher und einfacher feststellen können wo Probleme auftreten und um sie zu lösen. Sie können damit jedoch nicht alle Probleme lösen. Es gibt immer Herausforderungen wie Kündigungen oder nur eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Teammitgliedern, Schwangerschaften usw..

Kickoff

Im Kickoff wählt das Team Arbeitseinheiten aus einer Liste mit allen noch umzusetzenden Arbeitseinheiten aus. Diese Liste wird zumeist Produktbacklog oder auch Projektbacklog genannt. Grundsätzlich berät das Team den Kunden bei der Auswahl von Arbeitseinheiten. Kriterien dabei sind zum Beispiel die Bedürfnisse der Anwender oder eine Risikominimierung.

Woher wissen Sie jetzt aber, was ein Team in einer Iteration schafft? Jede Arbeitseinheit wird vom Team mit einem Punktewert versehen. Diese Bewertungen unterscheiden sich je nach dem, welchen Ansatz Sie verfolgen. Die Größe des Teams entscheidet über die Geschwindigkeit bzw. wie viele Punkte in einer Iteration umgesetzt werden können. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der Velocity der Iteration.

Umsetzung

Die gewählten Arbeitseinheiten werden in dieser Iteration umgesetzt. Sie bilden das Iterationsbacklog.

Wie der Name schon sagt, werden die gewählten Arbeitseinheiten hier umgesetzt. Dazu gibt es eine Definition (Definition of Done), die alle Voraussetzungen enthält, damit eine umgesetzte Arbeitseinheit auch abgenommen wird. Dazu ist es notwendig mit einem interdisziplinären Team zusammenzuarbeiten. Denn in der Umsetzung wird für jede Arbeitseinheit alles durchlaufen, von der Analyse, zum Design, zur (Code-)Umsetzung und schließlich zum Testen.

Eine umgesetzte Arbeitseinheit muss vom Kunde gemäß der Definition of Done abgenommen werden. Für diese Arbeitseinheit erhält das Team die entsprechenden Punkte.

Evaluation

Am Ende jeder Iteration setzen sich das Team und der Kunde zusammen. Dabei wird jede umgesetzte Arbeitseinheit noch einmal angesehen. Dies kann zum Beispiel im Rahmen einer Demonstration sein. Aber das Team überprüft sich auch selbst auf folgende Punkte: Was lief gut? Was können wir noch besser machen?

Durch diese laufenden Überprüfungen verbessern sich Teams und damit deren Projekte kontinuierlich. Der Wissenszuwachs ermöglicht es dem Team schnell auf neue oder geänderte Anforderungen zu reagieren. Hierbei werden bestehende Arbeitseinheiten verändert oder dem Projektbacklog neue hinzugefügt. So können diese geänderten Prioritäten schon in der nächsten Iteration umgesetzt werden.

Quellen:

  • Svenja Hofert, Agiler Führen. Einfach Maßnahmen für bessere Teamarbeit mehr Leistung und höhere Kreativität, 2. Aufl. Springer Gabler Verlag, 2018


Buchempfehlungen

Agiler führen

Einfache Maßnahmen für bessere Teamarbeit, mehr Leistung und höhere Kreativität – Svenja Hofert

Svenja Hofert stellt zahlreiche agile Führungsideen vor und zeigt, wann und wie diese in der Praxis eingeführt und umgesetzt werden können. Sie lernen, wie Sie Instrumente nutzen und sich Stück für Stück dem agilen Gedanken nähern. Ein Wertecheck hilft Ihnen einzuschätzen, welche Methode zu Ihrem Unternehmen passt. Die 3. Auflage wurde von der Autorin noch einmal grundlegend aktualisiert.

Ein Führungsstil mit agilen Ideen schafft die Voraussetzung dafür, dass Teams und Mitarbeiter komplexe Anforderungen besser bewältigen und innovativer sein können. Dabei lassen sich agile Ideen und Maßnahmen sowohl in Form kleiner als auch großer Experimente ausprobieren und einführen, völlig unabhängig von der jeweiligen Branche und der Größe des Unternehmens.

Auf der Basis ihrer jahrelangen Praxis und einer umfassenden Studie zeigt die Autorin, dass schon wenige agile Maßnahmen dazu führen, das Teamklima für Leistung und Innovation entscheidend zu verbessern. Für Personaler und Führungskräfte, die erst einmal ein Stück Agilität testen wollen, bevor sie (vielleicht) aufs Ganze gehen.

Das agile Mindset

Mitarbeiter entwickeln, Zukunft der Arbeit gestalten – Svenja Hofert

Agiler werden – das wollen viele Unternehmen, um im digitalen Zeitalter erfolgreich zu bleiben. Doch mit neuen Prozessen, Arbeitsmethoden und Großraumbüros allein ist es nicht getan. Entscheidend für eine nachhaltige Veränderung ist die Haltung, das Mindset der Mitarbeiter und vor allem der Führungskräfte. Diese Haltung ist geprägt durch ein Denken und Handeln, das umfassende Veränderungen produktiv bewältigt und Menschen nicht nur mitnimmt, sondern wachsen lässt.

Svenja Hofert definiert den Begriff „Mindset“ und zeigt anhand konkreter Ansätze aus der Entwicklungspsychologie sowie mit vielen Checklisten, Fallbeispielen und Interviews, wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter gezielt entwickeln, um den Wandel gemeinsam vorantreiben.

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